Vereinsgeschichte

Rückblick auf die Vereinsgeschichte

(entnommen aus der Festschrift zur 100 Jahrfeier am Sonntag, den 10. September 1989)

Die Geschichte des Evangelischen Vereins ist in den hundert Jahren seit seiner Gründung immer eng mit den Geschicken der Kirchengemeinde verbunden gewesen und das hat sich bis heute nicht geändert. Im Gegensatz zu früheren Zeiten, auch noch nach dem Krieg, ist heute der Pfarrer nicht mehr zugleich erster Vorsitzender. Trotzdem war und ist die Zusammenarbeit beider Gremien immer sehr gut, schon im Hinblick auf die Lösung vielfältiger Aufgaben in der Diaspora auch noch in heutiger Zeit.
 
Nach dem ersten öffentlichen evangelischen Gottesdienst in Landau - bereits seit 1862 hatten Reiseprediger hin und wieder hier gewirkt - hat sich am 2. Sonntag nach Ostern 1889 auf Initiative des Vikars Ringler aus Straubing ein Evangelischer Verein gegründet, der sich der Interessen der hiesigen Protestanten annehmen sollte. Die ersten Statuten des anerkannten Vereins vom 29. September 1889 tragen 33 Unterschriften. An ihrem Text hat sich bis heute nicht viel geändert. Die Satzung wurde nur den Erfordernissen der Behörden angeglichen, vor allem, nachdem der Verein "eingetragen" wurde. Hauptinitiatoren des Vereins waren Baumeister Georg Bauer und Königlich Bayerischer Amtsgerichtssekretär Hans Drechsler. 
Friedrich Ringler, Pfarrvikar in Straubing 1885-1890
Gründer des Evangelischen Vereins  
 
Nachdem zunächst drei (!) Gottesdienste im Jahr genehmigt wurden, die im Rathaus abgehalten werden durften, sind sie es, die zuerst an die Erbauung eines Kirchleins dachten. Nachdem das Wohlwollen des Stadtmagistrats wankend geworden war und der Rathaussaal nicht mehr für Religionsunterricht oder Gottesdienste zur Verfügung gestellt wurde, wird der Gustav-Adolf-Verein im Juni 1892 um dringende Hilfe bei der Finanzierung eines eigenen Bethauses gebeten. Offenbar mit Erfolg, denn bereits am 29. Juni 1894 wird das evangelische Bethaus eingeweiht. Damals besteht die Gemeinde aus 70 Seelen, die von Straubing aus kirchlich betreut wurden. Der Erwerb und die Herrichtung einer eigenen gottesdienstlichen Stätte ist nur möglich geworden, weil ein Gemeindemitglied das notwendige Kapital von 9.500 Mark auf kurze Zeit vorstreckte, mit der Zuversicht, daß der treue Herr im Himmel die Werkzeuge seiner Liebe auf Erden, die Gemeinde, nicht im Stich lassen würde.   
Im Januar 1895 geht von der Vorstandschaft des Evangelischen Vereins (Vikar Martin Joch, Straubing, Georg Bauer und Andreas Rothemung) und unterzeichnet von Dekan Koch in Regensburg ein Hilferuf an die Glaubensgenossen. Denn die Gemeinde, die aus gering- oder unbemittelten Mitgliedern besteht, bringt jährlich nur 232 Mark auf, denen als feste Ausgaben 590 Mark gegenüberstehen (361 Mark an Zinsen, 180 Mark für die jetzt auf acht vermehrten Gottesdienste und 50 Mark für Abgaben und Steuern), ganz zu schweigen von der Schuldentilgung. Die Gemeinde ist jedenfalls stolz auf das einfache, aus einem Wohnhaus umgestaltete Bethaus mit seinem spitzen, von der Ebene sichtbaren Dachreiter, das nun fast 50 Jahre zum Mittelpunkt des kirchlichen Lebens wird. Außer den Geistlichen aus Straubing kommt auch ein Reiseprediger aus Deggendorf und es besteht eine Verbindung zum Vikariat Plattling. Erst 1936 kommt zu dem bescheidenen Betsaal am Stadtgraben eine Wohnstätte für einen Geistlichen hinzu.


Nun noch einige Zahlen:
1840 hatte Landau bei 1888 Katholiken nur 7 evangelische Gläubige,
um die Jahrhundertwende war das Verhältnis 3167 : 35 ,
zehn Jahre später 3161 : 55,
im Jahr 1925 gab es 3412 Katholiken und 70 Evangelische und
im Jahr 1939, vor Beginn des Krieges, in dem damals "exponierten Vikariat"  3746 Katholiken und 134 Evangelische.
(Zum Vergleich: Im Jahr 2001 gehören nun mehr als 2500 Evangelische (mit Eichendorf, Pilsting und Wallersdorf) der Gemeinde an!)

Vom Evangelischen Verein in diesen 50 Jahren sind fast keine Unterlagen mehr vorhanden. Seine wenigen Mitglieder hatten es sich wohl zur Aufgabe gemacht, die Geselligkeit zu pflegen, sich gegenseitig zu helfen und in der Diaspora eine enge Gemeinschaft zu bilden.

 
 
 

 
  Größere Gemeinde - Verein initiiert Kirchenbau

Kriegs- und Nachkriegszeit bringen durch den Zustrom von Evakuierten und Flüchtlingen viele Evangelische in den Bereich des Landauer Vikariats. Von den rund 4000 Seelen, die 1946 gezählt werden, leben nur knapp 1000 in der Stadt selbst, während mehr als 3000 in den umliegenden Orten, vor allem auch im früheren Amtsgerichtsbezirk Arnstorf, untergebracht sind. Sie sind heimat- und mittellos, sich selbst überlassen und bedürfen daher der besonderen Fürsorge des Landauer Geistlichen. Es kommt darauf an, ihnen das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu geben. Nachdem das Vikariat 1948 zur Pfarrei erhoben worden ist und eine personelle Verstärkung erfährt, befaßt man sich erstmals mit einem Kirchenbau; denn der Betsaal ist zu klein geworden, Gottesdienste werden in katholischen Kirchen und Kapellen abgehalten, so auch in der Spitalkirche in Landau.
Aber auch in Schulräumen und Gastwirtschaften versammelt man sich zum Gebet. Und der Religionsunterricht für die evangelischen Kinder kann nur unter großen Schwierigkeiten stattfinden, bis 1948 in Landau und Arnstorf evangelische Schulen eingerichtet worden sind. Die Landauer Schule hat in den ersten Jahren vier Klassen, in denen 140 Kinder unterrichtet werden. Durch den Wegzug vieler Heimatvertriebener, die hier keine Wohnung und Arbeit gefunden hatten, wird die Schülerzahl in den fünfziger und sechziger Jahren immer kleiner, so daß 1965 die Schließung erfolgte.
 
 
Am 25. April 1952 wird in einer Versammlung der evangelischen Gemeinde der Evangelische Verein neu ins Leben gerufen, vor allem mit dem Ziel, den Neubau einer Kirche zu fördern und kulturelle und gesellschaftliche Aufgaben in der Gemeinde zu übernehmen. Alle im Krieger-Saal anwesenden Personen (200) meldeten sich als Mitglied an. Erstmals wird nicht mehr der Pfarrer 1. Vorsitzender, gewählt wird als 1. Vorsitzender Georg Reindl, Landwirt aus Weihern, Gemeinde Waibling, als sein Stellvertreter Otto Zahn, Landau. Peter Bohlig, Dieter Petzold, Johannes Reichmann und Ruth Graf, alle Landau, vervollständigten die Vorstandschaft. Diese legt sich für den Kirchenbau mächtig ins Zeug. Es wurde noch ein Grundstück hinzugekauft und der schon seit Jahren bestehende Bauplan fertiggestellt, nachdem der Landeskirchenrat einige Änderungswünsche geäußert hatte. Nebenher läuft die Werbung von Mitgliedern für den Verein, denn diese sollen durch Hand- und Spanndienste mithelfen, den Kirchenbau möglichst günstig zu halten. 36 000 DM sind für den Rohbau veranschlagt, wovon ein Drittel die Gemeinde selbst aufbringen soll.
 
Bereits am 5. August 1952 wird der erste Spatenstich getan. Viele Gemeindemitglieder zwischen 15 und 60 Jahren finden sich in der Folgezeit auf der Baustelle ein, allen voran Pfarrer Heinrich Hell und seine Frau, die seit 1946 in Landau sind und der erst kurz vorher nach Landau berufene Vikar Dieter Strecker. Am Sonntag, 14. September, erfolgt die Grundsteinlegung, wobei Dekan Paul Krauß, Landshut, dem Bauwerk glückliche Vollendung wünschte. Am 8. Oktober folgt das Richtfest für den Kirchenneubau. Wenige Tage später tritt der Evangelische Verein erstmals mit einer größeren Veranstaltung an die Öffentlichkeit. 
(Anmerkung: der rechts im Bild sichtbare Grundstein ist nach wie vor in der Friedenskirche im Altarraum hinter der Kanzel zu sehen. )  
Im überfüllten Krieger-Saal sorgt ein buntes Programm für unterhaltsame Stunden. Durch intensive Werbung von Helfern und Helferinnen, auch in den Landgemeinden, ist die Zahl der Mitglieder des Vereins im März 1953 auf 566 gestiegen.

Der Pfingstsonntag 1953 (24. Mai) wird für die evangelische Kirchengemeinde zu einem denkwürdigen Tag: Es findet die Einweihung der Friedenskirche statt, und zugleich wird die Ordination von Vikar Dieter Strecker vorgenommen. Nach den Worten von Pfarrer Hell "wäre das Werk ohne die Opferfreudigkeit und ohne den unermüdlichen Einsatz der Glaubensgenossen nicht entstanden". Der Verein hat bis dahin mehr als 3000 DM zur Finanzierung des 94000 DM teuren Baues beigetragen. Weitere Zuschüsse und Stiftungen folgen. Mit einem schlichten Gottesdienst in der Spitalkirche nimmt die Gemeinde Abschied von der bisherigen Gottesdienststätte. Geistlichkeit, Ehrengäste und Gemeindemitglieder, voran die Kreuzträger, Mädchen mit den Abendmahlsgeräten, Schuljugend und freiwillige Arbeiter ziehen, geleitet von einer großen Menschenmenge, von der Spitalkirche zur neuen Kirche. Hier übergibt Architekt Peter Bohlig im Namen aller am Bau beteiligten Handwerksmeister und Arbeiter die Schlüssel zum neuen Gotteshaus Kreisdekan Oberkirchenrat Koller, der sie im Namen und im Auftrag des Bischofs an Pfarrer Hell weiterreicht. Feierlich gestaltet sich der Einzug in die neue Kirche. Unter Begleitung des Posaunenchores singt die Gemeinde "O heiliger Geist, kehr bei uns ein", und dann weiht Oberkirchenrat Koller, unter Assistenz von Dekan Krauß die neue Kirche und "tauft" sie auf den Namen "Friedenskirche". Der Weihe des Altars mit den Abendmahlsgeräten schließt sich die der Kanzel an, von der Oberkirchenrat D. Daumiller die Festpredigt hielt.


Am Ende des ersten Jahres des Bestehens seit Wiedergründung des Vereins hat sich die Mitgliederzahl auf 540 eingependelt. Der Vorsitzende kann über zahlreiche Aktivitäten berichten und einen erfreulichen Kassenbericht geben, obwohl erhebliche Beiträge für den Kirchenneubau abgezweigt worden sind. In der Folgezeit gibt es immer wieder einmal Schwierigkeiten bei der Besetzung von Vorstandsposten, weil Bedenken gegen die Mitarbeit von Kirchenvorstehern im Vorstand des Evangelischen Vereins von Seiten des Pfarrers laut werden. Bunte Abende werden veranstaltet, Ausflüge zu näheren und weiteren Zielen unternommen und zu Adventsfeiern in größerem Rahmen eingeladen. Erlöse der geselligen Veranstaltungen kommen dem Jugend- und Orgelfonds zugute.


Nach fast neunjährigem Wirken verläßt Pfarrer Heinrich Hell die evangelische Kirchengemeinde zum 31. Dezember 1954, um in Tegernsee die Pfarrei zu übernehmen. In mehreren Abschiedsfeiern werden seine Verdienste als Initiator  des Baues der Friedenskirche, der Anschaffung einer Orgel und beim Aufbau des Kirchenchores gewürdigt. Bei jedem Wetter ist er mit dem Fahrrad und später mit dem Motorrad zu den Gottesdiensten in den Landgemeinden seines ausgedehnten Kirchenbezirkes gefahren. Pfarrer Strecker, der hier schon länger als Vikar gewirkt hatte, wird im März 1955 als sein Nachfolger bestellt.


Im Juni des gleichen Jahres gibt es bei einer Generalversammlung, in der wieder über zahlreiche Veranstaltungen berichtet wurde, einen Wechsel in der Vorstandschaft. Pfarrer Strecker übernimmt den Vorsitz, sein Stellvertreter wurde H. Glas. Kleinere Zusammenkünfte können nun im ehemaligen Gemeinderaum stattfinden, der mit geringen Mitteln aus der ehemaligen Kapelle entstanden war. Im März 1956 befaßt sich die Vorstandschaft mit den bevorstehenden Kommunalwahlen und bedauert, daß für den Stadtrat kein evangelischer Kandidat aufgestellt wurde. Zu Weihnachten 1956 kauft der Evangelische Verein einen Altarteppich für die Kirche. Am Himmelfahrtstag 1957 findet in Landau ein Jugendtreffen mit rund 280 auswärtigen Teilnehmern statt. Trotz zahlreicher Aktivitäten und großer Mitgliederzahl ist die Generalversammlung im November nur mäßig besucht. Dabei appelliert Vorsitzender Pfarrer Strecker an die Mitglieder, alles zu tun, um die Menschen einander näher zu bringen. Die Kassenlage ist so gut, daß im Frühjahr 1958  1.200 DM für Kirchenglocken abgezweigt werden können. In der Folgezeit werden alle Gemeindemitglieder um Spenden für diesen Zweck gebeten.

Wesentliche Änderungen in der Vorstandschaft bringt die Generalversammlung am 28. Mai 1959 in Tannegg. 1. Vorsitzender wird Alfred Aßmann, sein Stellvertreter Walter Becker. Kassiererin bleibt Martha Schröter und Schriftführerin Lotte Heepke. Beisitzer sind Georg Reindl, Kurt Schlechtweg sowie beratende Mitglieder Pfarrer Strecker und Werner Schönlein. Wie diese sind die meisten Generalversammlungen gut besucht, wenn sie zugleich mit einem Gemeindenachmittag verbunden werden. Dem Verein ist es ein Anliegen, die Schüler- und die Jugendgruppe finanziell zu unterstützen.
 
 
Obgleich die Glockenweihe am 11. Oktober 1959 wohl der Höhepunkt des Jahres ist, fehlt in den Unterlagen jeder Bericht darüber. Wie aus dem Programm ersichtlich, hat nach dem Festakt in der Kirche im Krieger-Saal ein Gemeindenachmittag mit Liedern, Gedichten, Spielen und Tänzen stattgefunden.
    

Zusammen mit Vikar Wagner aus Arnstorf und Kirchenvorsteher Bauer aus Simbach übernimmt der Verein die Gestaltung der Einweihungsfeierlichkeiten der Kreuzkirche in Simbach am 23. Oktober 1960. In Anwesenheit zahlreicher Geistlicher und Ehrengäste nimmt Oberkirchenrat Koller aus Regensburg die Weihe des Gotteshauses vor, das mit einem Kostenaufwand von etwa 70.000,- DM in sechsmonatiger Bauzeit errichtet worden war.
Der Juni 1962 steht ganz im Zeichen der 100-Jahr-Feier der Evangelischen Gemeinde, denn 1862 ist in Landau der erste Gottesdienst abgehalten worden.
Film- und Musikabende, ein Laienspiel und eine Wanderung stehen auf dem Programm. Den Abschluss der Festwoche bildet ein Gottesdienst mit namhaften Predigern. Nachdem Alfred Aßmann sein Amt niedergelegt hatte, wird in der Generalversammlung am 14. Oktober Walter Becker als neuer Vorsitzender gewählt. Sein Stellvertreter bleibt Kurt Schlechtweg. Die Vorstandschaft beschließt, den monatlichen Mindestbeitrag auf 50 Pfennig festzusetzen.

Die Adventfeier dieses Jahres findet im neuerbauten Pfarrsaal statt, der so groß ist, daß auch Gemeindemitglieder der Außenstationen an Veranstaltungen teilnehmen können.

Nach elfjährigem Wirken in Landau müssen Gemeinde und Verein Abschied nehmen von Pfarrer Dieter Strecker. Bei einem Gottesdienst und einer abendlichen Veranstaltung am 28. August 1963 wird das langjährige Wirken des Geistlichen von zahlreichen Rednern gewürdigt und herausgestellt, daß er in den ersten Jahren seiner seelsorgerischen Tätigkeit mehr als 4000 Seelen im Landkreis Landau und Teilen des Landkreises Eggenfelden zu betreuen hatte, wobei seine besondere Fürsorge den Flüchtlingen im Lager Ganacker galt. Nach den Kirchenbauten in Landau und Simbach setzte er sich für die Errichtung eines evangelischen Gotteshauses in Wallersdorf ein und fand immer noch die Zeit, sich um die Jugend, alte Menschen und um Belange des Evangelischen Vereins zu kümmern. Pfarrer Strecker wurde zum 1. September an die Erlöserkirche in Landshut berufen, wo er ebenfalls Aufbauarbeit leisten sollte.

 

 

1964 - 1971 Die Ära des Pfarrers Dieter Koller

Nachfolger von Pfarrer Strecker wird am 23. Februar 1964 der 33jährige Pfarrer Dieter Koller, der aus Bad Kissingen kommt. Zu seiner feierlichen Amtseinführung durch Dekan Kraus, Landshut, finden sich Vertreter der Behörden und der katholischen Kirche ein. Vikar Gottfried Manz, der drei Jahre hier gewirkt und davon ein halbes Jahr die verwaiste Pfarrei allein betreut hat, verläßt Landau und geht nach West-Berlin. Sein Nachfolger wird am 1. März 1965 Vikar Harmut Preß, 25 Jahre alt und gebürtiger Mittelfranke.

Wenn die Zahl der Pfarrangehörigen auch im Laufe der letzten Jahre auf 2300 gesunken ist, einschließlich des Vikariats Arnstorf, so ist die Arbeit der Geistlichen wegen der weiten Streuung der Gläubigen nicht weniger geworden; vor allem soll die Jugendarbeit aktiviert werden.
 


Bei der Generalversammlung im Juni 1966 wird berichtet, daß die Mitgliederzahl des Vereins zwar auf 238 zurückgegangen ist, vor allem wegen des Wegzugs, der Evangelische Verein aber immer noch der zweitgrößte Verein in Landau ist. Für die Bibliothek im unteren Gemeinderaum kauft der Verein Bücherschränke und einen Teppich und stiftet für den großen Gemeinderaum auch einen Schrank, alles in allem im Wert von 2000,- DM. Bei der Generalversammlung im Juni 1966 erhält die Vorstandschaft für weitere 3 Jahre das Vertrauen. Durch den Tod des 1. Vorsitzenden Walter Becker wird jedoch bereits am 1. Oktober 1967 eine Neuwahl notwendig, bei der der bisherige Stellvertreter Kurt Schlechtweg der Nachfolger wird. Sein Stellvertreter ist Peter Hein. Ende September 1967 wird das Evangelische Gemeindezentrum in Arnstorf eingeweiht. Die Weihe nimmt Oberkirchenrat Bürkstümmer aus Regensburg unter Assistenz von Dekan Ernst Borger aus Landshut und Pfarrer Dieter Koller aus Landau vor. Zugleich wird der neue Vikar Franz Baumgärtel der Gemeinde vorgestellt.

Zur damaligen Zeit berichten die beiden Landauer Zeitungen über das gute Einvernehmen beider christlicher Konfessionen. Es wird Ökumene praktiziert. In der Schule, bei Werkseinweihungen und bei vielerlei anderen Anlässen treffen katholische und evangelische Geistliche zusammen, unterhalten sich über manche gemeinsame Probleme und diskutieren nicht selten über religiöse Themen, in denen die Auffassungen zwar auseinandergehen, die aber bei der Suche nach Annäherungspunkten wert sind. Die gemeinsame Jugendarbeit wird intensiviert. Eine evangelische Leihbücherei mit 800 Bänden wird eröffnet, die auch den Katholiken zur Verfügung steht.

Die Eltern evangelischer Kinder unterschreiben einen Antrag auf Errichtung einer christlichen Gemeinschaftsschule. Mit dem Bau eines evangelischen Gemeindezentrums in Wallersdorf wird begonnen.
Durch den Wegzug von Peter Hein wird im November 1970 Franz Schmidt zum neuen zweiten Vorsitzenden gewählt. Sonst gibt es keine Veränderung in der Vorstandschaft.

Das Jahr 1968 bringt am 14. Januar den ersten Gottesdienst im "Haus der Gemeinde" in Wallersdorf. Die Weihe des neuen Gotteshauses nimmt wieder Oberkirchenrat Bürckstümmer, Regensburg, vor. Ihm assistieren Dekan Ernst Borger und Pfarrer Dieter Strecker, die Predigt hält Pfarrer Dieter Koller. Durch Montagebauweise hat die Bauzeit nur fünf Monate betragen. Kosten: 128.000,- DM. Im März wird bei der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche ein Antrag auf Verselbständigung des zur Pfarrei Landau gehörenden Vikariats Arnstorf gestellt. Die Kreuzkirche in Simbach erhält eine Orgel. Viel beachtet und gut besucht ist eine Veranstaltung der Evangelischen Kirchengemeinde mit Kirchenratspräsident i. R. Pastor Martin Niemöller, der im Rathaussaal zu Thema "Was geht uns Vietnam an" spricht.

Im Oktober 1969 wird die Evangelische Gemeinde Arnstorf selbständig und als exponiertes Vikariat direkt dem Dekanat Landshut unterstellt. Vikar Harmut Preß wird nach vierjährigem seelsorgerischem Wirken im September von Pfarrer Koller verabschiedet. Er übernimmt eine Pfarrstelle in Burghaslach. Sein Nachfolger wird Vikar Wilfried Stepp.
 


Caritas, Innere Mission, Arbeiterwohlfahrt und Katholischer Frauenbund sind Träger einer Altenbegegnungsstätte, die 1970 im früheren Cafe Lindemann eröffnet wird. Auf Initiative von Lucie Koller, die in der Gemeindearbeit sehr aktive Frau des Pfarrers, konstituiert sich im Landratsamt ein Frauenarbeitskreis auf überkonfessioneller und überbehördlicher Ebene.

Lucie Koller wird zur 1. Vorsitzenden, Sofie Specht aus Eichendorf zu ihrer Stellvertreterin und Herta Mittermeier aus Landau zur Schriftführerin gewählt. Die Frauen des Arbeitskreises verstehen sich als Instrument für eine verstärkte Sozialarbeit im Landkreis. Wenige Tage später findet die Gründungsversammlung der Kreisvereinigung "Lebenshilfe" statt. Der Erlös eines Frühlingsfestes im Mai in Adldorf, zu dem der Evangelische Verein eine große Schar von Besuchern begrüßen kann, kommt der Lebenshilfe zugute, wie überhaupt Kirchengemeinde und Verein in der Folgezeit diese neue Einrichtung tatkräftig unterstützen.
Zur Visitation der Pfarrei finden sich auch zu einer Besprechung die katholischen Amtskollegen und Vertreter des öffentlichen Lebens ein.   Einen großen Teil der Generalversammlung am 22. November 1970 nimmt eine lebhafte Diskussion zum Thema "Gemeinde in veränderter Zeit" ein, wie der Titel eines vorher gezeigten Films heißt. Vom Podium aus nehmen Dekan Borger, Günther Hornung, Kurt Schlechtweg, Kaplan Hausner, Pfarrer Koller, Regierungsrat Bade und Vikar Stepp zu verschiedenen Fragen über den angeblichen Fortschritt in der Kirche, wie sie der Film aufgezeigt hatte, Stellung. Die Meinungen sind sehr kontrovers. Es wird vielfach abgelehnt, daß sich der Pfarrer zeitweilig einem anderen Beruf zuwenden und auch infrage gestellt, ob sich die Kirche mit Politik beschäftigen soll.

Nach siebenjährigem Wirken in Landau verläßt Pfarrer Dieter Koller zum 1. März 1971 die Stadt. Ganz im Zeichen der Ökumene, deren Verwirklichung ihm ein besonderes Anliegen war, steht der Abschiedsabend im Axthammer-Saal. Zum erstenmal haben sich alle katholischen Geistlichen der Stadt zur Verabschiedung eines evangelischen Amtsbruders eingefunden. Stadtpfarrer Franz Sales Seidl und alle übrigen Redner würdigen den Elan, mit dem Koller sein Amt ausgeübt habe. Zusammen mit seiner Frau habe er in der Jugend- und Sozialarbeit gewirkt und die gesellschaftspolitische Funktion der Kirche in die Öffentlichkeit getragen. Auch Vertreter des Evangelischen Vereins bedauern, in Pfarrer Koller einen Geistlichen zu verlieren, der allen Gruppen und Generationen in der Gemeinde gerecht geworden sei. Pfarrer Koller und seine Familie sind nach Schloß Craheim in Unterfranken verzogen, wo der Geistliche ein Jahr lang zu Studienzwecken am Ökumenischen Lebenszentrum für die Einheit der Christen wirken will.


 


Die Zeit ab 1971...

Erst nach siebeneinhalb Monaten, am 15. Oktober 1971 trifft der neue evangelische Stadtpfarrer, Ruprecht Graf zu Castell in Landau ein. Außer der feierlichen Amtseinführung in der Kirche durch Dekan Borger findet auch im Parksaal im November ein Abend im ökumenischen Geist statt, denn die Landauer Christen verabschieden zugleich den katholischen Stadtpfarrer Franz Sales Seidl in den Ruhestand und bereiten seinem Nachfolger Franz Seraph Gabriel und dem neuen evangelischen Stadtpfarrer Ruprecht Graf zu Castell einen herzlichen Empfang. In der Adventszeit bewirtet der Evangelische Verein über 100 evangelische Kinder, die statt des Religionsunterrichtes zu einer Weihnachtsfeier in den Parksaal gekommen sind.
Im Rahmen der Sonntagsgottesdienste diskutieren im April 1973 Politiker von CSU und SPD, eine Hausfrau und Mutter sowie Vikar Stepp über den Paragraphen 218. Die Podiumsdiskussion - keinesfalls eine gewöhnliche Art des Gottesdienstes - findet großen Anklang. Bedauert wird nur, daß kein Arzt für dieses Thema gewonnen werden konnte.
Im Juni 1973 gedenkt die Gemeinde mit Gottesdienst und geselligem Beisammensein der Einweihung der Friedenskirche vor 20 Jahren. Zugleich wird ein Wiedersehen mit ehemaligen Pfarrern gefeiert. Zum 1. Oktober 1973 kommt Lukas Keul als neuer Vikar nach Landau. Dr. Erhard Eppler ist im Oktober 1974 bei einer Veranstaltung des Evangelischen Bildungswerkes in Landau zu Gast. Das Thema der Podiumsdiskussion im Rathaussaal, an der Vertreter beider Kirchen und der Parteien teilnehmen, lautet "Politik - Ideologie - Glaube".

Nur auf zwei Posten gibt es Veränderungen bei der Generalversammlung des Vereins am 29. Mai 1975:
1. Vorsitzender bleibt Kurt Schlechtweg, sein neuer Stellvertreter wird Gerd Niemann. Kassiererin bleibt Frau Martha Schröter, Schriftführerin Lotte Heepke. Neben Willi Trappschuh wird Brigitte Seifert zur neuen Beisitzerin gewählt. Beratende Mitglieder sind Werner Schönlein und Josef Hornung.